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Aus: Ausgabe vom 15.05.2024, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Brutal geräumt

Studenten in den Niederlanden und in Belgien schließen sich Protest gegen Gazakrieg an. Uni Amsterdam will mit Besetzern nicht mehr reden
Von Gerrit Hoekman
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Mit Schild, Schlagstock und Hunden geht die Amsterdamer Polizei am Montag gegen die Studierenden vor

Am Montag morgen haben einige tausend Studierende der Universität von Amsterdam (UvA) auf dem Roeterseiland Campus für einen Waffenstillstand im Gazastreifen demonstriert. Lehrkräfte und Verwaltungsangestellte legten aus Solidarität die Arbeit nieder. Zunächst blieb alles friedlich. Aber als sich gegen Mittag mehrere hundert Personen anschickten, die Eingangshalle der Uni zu besetzen und dort bereits Zelte aufschlugen, rückte die Mobiele Eenheid der niederländischen Polizei an und knüppelte sich brutal den Weg in das Gebäude frei.

Die Demonstrierenden im Gebäude hatten die Eingänge verbarrikadiert. »Überall kommt es zu vorsätzlicher Zerstörung. Die UvA hat dagegen Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und Vandalismus erstattet«, teilte die Universität am Montag abend mit. »Wir werden nicht mehr mit den Aktivisten reden und uns nicht mehr mit Menschen an einen Tisch setzen, die sich vermummen«, sagte Rektorin Geert ten Dam in NOS Radio 1. »Das haben wir erst letzte Woche getan, als ultimativen Versuch der Deeskalation.« Das Rektorat kündigte an, dass die Uni am Dienstag und Mittwoch geschlossen bleibt. Alle Seminare und Vorlesungen fallen aus: »Das gilt für alle Fakultäten mit Ausnahme der Medizin und der Zahnmedizin.« Dort darf weiter gebohrt und geschnippelt werden.

Oberstaatsanwalt René de Beukelaer verteidigte im Lokalsender AT 5 den überharten Einsatz der Mobielen Eenheid. Bereits am Montag vor einer Woche hatte das Sonderkommando ähnlich rabiat ein verbarrikadiertes propalästinensisches Protestcamp auf dem Campus geräumt und 140 Personen vorübergehend festgenommen. Die Universität habe beschlossen »ihre eigenen Studierenden zu sanktionieren und zu verhaften, anstatt den Völkermord am palästinensischen Volk zu verurteilen und ihre Komplizenschaft mit der zionistischen Apartheid zu beenden«, erklärten die Besetzerinnen und Besetzer am 6. Mai auf indymedia.nl.

Seit Tagen rumort es an den Universitäten in Belgien und den Niederlanden. In Utrecht, Maastricht, Groningen, Wageningen und Nijmegen verlassen die Studierenden die Hörsäle. An den belgischen Universitäten in Brüssel, Gent, Antwerpen, Leuven und Liège bietet sich das gleiche Bild. Der akademische Nachwuchs will dem Gemetzel der israelischen Armee nicht mehr länger tatenlos zusehen. »Free, Free, Palestine!« hallt es über die Campus.

Die Universität im belgischen Gent geht offenbar etwas lockerer mit den Protesten um als Amsterdam. Seit einer Woche besetzen propalästinensische Aktivisten Tag und Nacht das Foyer. »Tagsüber veranstalten sie kulturelle Workshops, Vorträge und Treffen, und abends kochen sie gemeinsam«, schrieb die flämische Tageszeitung De ­Standaard am Montag. Die Studierenden haben eine konkrete Forderung: Die Uni in Gent soll alle Verbindungen zu israelischen Institutionen abbrechen. Angeführt wird der Protest von den Gruppen »Students for Palestine« und »End Fossil Gent«. Auch 80 Mitarbeiter der Uni sollen sich an der Besetzung beteiligen.

In Belgien setzen die Protestierenden auf genaue Vorbereitung. In Leuven trafen sie sich in der vergangenen Woche fast täglich, um die Aktionen zu planen. »Anfangs waren wir fünf, aber die Gruppe wuchs schnell«, sagte Student Niels De Ridder dem Standaard. Der Student ist der gewählte Pressesprecher der Unibesetzer. Ebenso sind Kommilitonen bestimmt worden, die in bestimmten Situationen deeskalieren sollen.

Comac, die Studierendenorganisation der marxistischen Partei der Arbeit Belgiens (PVDA/PTB), rührt in den sozialen Netzwerken kräftig die Trommel für die Besetzer. Die betonen aber, dass ihre Aktion parteiunabhängig ist. Die meisten Teilnehmenden hätten einen »aktivistischen Hintergrund«, erklärte Marieke Saeys, die Sprecherin der Besetzung an der Uni Antwerpen. »Ich habe bereits an Demonstrationen gegen die harten Kürzungen im Bildungswesen teilgenommen, aber auch an Klimamärschen.« Die Aufmerksamkeit liege aber jetzt eindeutig auf Palästina.

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